Harald_Wieser_Portrait

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Harald Wieser

Montag, 9. Mai 2011

Wer kassiert ab bei verdeckten Gewinnausschüttungen?

Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften

In der letzte Woche hatte ich im Rahmen einer Strukturberatung am Rande mit dem Thema Verdeckte Gewinnausschüttung zu tun. Laufende Besteuerung gehört nicht zur Kernkompetenz meiner Tätigkeit, so dass ich nacheinander vier befreundete Berufskollen anrief, um mich rückzuversichern. Zu meiner Überraschung war jedoch kein einziger in der Lage, aus dem Stand anhand einer Beispielrechnung die genauen steuerlichen Auswirkungen darzulegen. Eine schnelle Recherche in Kommentierung und Internet brachten mich leider auch nicht weiter. Ob auf Wikipedia oder anderswo, überall nur allgemeine Erörterungen zu Voraussetzungen und Merkmalen. Ein kurzes und knappes Beispiel mit den konkreten Auswirkungen fehlt. Wer mein Blog mitliest, kann es sich schon denken: einem solchen Mißstand muss ich abhelfen.
Worum geht es?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie ein Anteilseiger an die Gewinne der Gesellschaft kommt. Die Gesellschaft kann zum einen eine ganz gewöhnliche (offene) Gewinnausschüttung vornehmen. Auf der Ebene der Gesellschaft sind auf den Gewinn zunächst Gewerbe- und Körperschaftsteuer zu entrichten. Auf der Ebene des Anteilseigners kommt noch die Abgeltungsteuer auf die Gewinnausschüttung hinzu. Wenn man alles durchrechnet, bleiben vom Gewinn rd. 51,7% netto für den Anteilseigern übrig. Zum anderen kann der Gesellschafter-Geschäftsführer auch ein Gehalt beziehen, das er mit seinem privaten Einkommensteuersatz zu versteuern hat. Im Bereich des Spitzensteuersatzes verbleiben ihm nach Steuern rd. 54,7%, also rd. 3 Prozentpunkte mehr als bei einer Gewinnausschüttung. Bei einem Gehalt von 200.000 Euro p.a. sind das also 6.000 Euro netto mehr in der Kasse. Das ist ganz klar ein Anreiz, Gewinne in schuldrechtliche Vergütungen zu transferieren. Denkbar sind natürlich nicht nur Gehälter, sondern sämtliche gewinnmindernde schuldrechtliche Vergütungen, die an den Anteilseiger oder auch nahestehende Personen fließen.
Grundsätzlich ist dieses Vorgehen unkritisch. Problematisch wird die ganze Sache aber dann, wenn die Vergütung der Höhe nach über das hinausgeht, was man einem an der Gesellschaft nicht beteiligten Geschäftsführer zahlen würde. Aus Sicht des Finanzamts und des Bundesfinanzhofs wird das Mehr nur deshalb gezahlt, weil es sich eben um einen Gesellschafter und nicht um einen fremden Dritten handelt. Der überhöhte Teil sei deshalb faktisch kein Gehalt, sondern stelle vielmehr eine fiktive Gewinnausschüttung dar. Fiktiv, bzw. terminologisch genauer verdeckt, weil es keine Gewinnausschüttung sei, die auf einem regulären gesellschaftsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss beruhe.

Das Beispiel

Bleiben wir bei dem Beispiel eines überhöhten Gehalts. Der Betriebsprüfer einer GmbH stellt fest, das Gehalt von 130.000 Euro p.a. des Gesellschafter-Geschäftsführers sei um 10.000 Euro überhöht.
Auf Ebene der GmbH wird wie folgt verfahren: Bezüglich des nicht überhöhten Teils von 120.000 Euro bleibt alles so wie es ist. Die verdeckte Gewinnausschüttung von 10.000 Euro, die in Form eines Gehalts den Gewinn gemindert hat, wird dem Gewinn nun wieder hinzugerechnet. Die GmbH muss darauf die betriebliche Ertragsteuern von insgesamt 3.000 Euro (15% KSt und 15% GewSt) an das Finanzamt zahlen.
Auf Eben des Anteilseigers werden die 10.000 Euro von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Einkünfte aus Kapitalvermögen umqualifiziert. Da auf die Gehaltseinkünfte bereits 42% Einkommensteuer gezahlt wurden, hat der Anteilseigener einerseits einen Erstattungsanspruch von 4.200 Euro gegenüber dem Finanzamt. Andererseits muss er nun die Kapitaleinkünfte mit dem Abgeltungssteuersatz von 25% versteuern (Hinweis für die Profis: im Ergebnis kein entscheidend anderes Ergebnis beim Teileinkünfteverfahren). Das heißt er muss 2.500 Euro nachzahlen. Per Saldo erstattet ihm also das Finanzamt insgesamt 1.700 Euro.

Fazit

Die verdeckte Gewinnausschüttung führt über alle Stufen hinweg zu einer Mehrbelastung ohne Berücksichtigung des Solidariätszuschlags von 1.300 Euro (= 3000+2.500-4200). Bezogen auf die verdeckten Gewinnausschüttung sind das immerhin 13%, also ein bedeutsamer Anteil.
Isoliert betrachtet, also nur aus Sicht des Gesellschafters, ist die Umqualifizierung vorteilhaft. Die Steuernachzahlung auf Ebene der Gesellschaft indessen trifft alle Gesellschafter wirtschaftlich betrachtet nach ihrem Anteil an der Gesellschaft gleichermaßen. Je geringer also der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist, desto größer ist sein persönlicher Profit. Schon bei häufig anzutreffendne Beteiligungsquote von 50% ist das Ergebnis der Betriebsprüfung für ihn persönlich kein Nachteil mehr.

Dieser Vorteil vergrößert sich noch bei solchen verdeckten Gewinnausschüttungen, die ohne den Zuflussteil beim Gesellschafter vorkommen können. Das kann zum Beispiel eine nicht vorgenomme Verzinsung von Forderungen gegenüber einem Gesellschafter sein. Auch hier wird ihm ein Vorteil zugewendet, den man einem fremden Dritten nicht zukommen lassen würde. Hier muss der Gesellschafter nicht nur keine Zinsen zahlen, sondern darüber hinaus kann er die Steuernachforderungen noch sozialisieren.
Man sieht also, eine etwas detailliertere Kenntnis der steuerlichen Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung kann – auf welcher Seite man auch immer steht – bares Geld wert sein.

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