Harald_Wieser_Portrait

Harald_Wieser_Portrait
Harald Wieser

Montag, 17. Januar 2011

Rechtsformwahl im Lichte geplanter Unternehmensveräußerungen

Grundlagen
In den allermeisten Fällen werden die Merkmale der steuerlichen Rechtsformwahl – Personengesellschaft bzw. Einzelunternehmen (PersG) einerseits versus Kapitalgesellschaft (KapG) andererseits - nur auf der Basis der laufenden Besteuerung dargestellt. Nicht im Fokus der Autoren sind aber meist Überlegungen im Hinblick auf einen späteren Verkauf des Unternehmens. Diesem Missstand helfen wir nun gerne ab.

Veräußerungsgewinne von Anteilen an KapG, z.B. an einer GmbH, unterliegen der Einkommensteuer. Bei Kleinstbeteiligungen greift die Abgeltungsteuer mit 25%. Beträgt die Beteiligungshöhe mindestens 1%, gilt das Teileinkünfteverfahren. Die Steuer wird individuell berechnet, entspricht aber im Ergebnis meist ebenfalls etwa 25%. Zusätzlich gibt es noch einen von der Höhe des Veräußerungsgewinns abhängigen Freibetrag von bis zu 9.060 Euro, wenn alle Anteile in einem Zug verkauft werden. Gewerbesteuer entsteht bei Anteilsveräußerungen nicht. Besonderheiten – hier nicht weiter diskutiert – gelten, wenn die Anteile an einer GmbH einer anderen GmbH gehören.

Werden Anteile an PersG verkauft, muss der Gewinn mit dem normalen, individuellen Steuersatz versteuert werden. Neben der Einkommensteuer fällt auch Gewerbesteuer an, die aber auf die Einkommensteuer, zumindest der größte Teil, angerechnet werden kann. Meist beträgt die Steuerlast 42% und mehr. Besser dran sind nur Gesellschafter, die ihre gesamte Beteiligung an der PersG auf einmal verkaufen. Sofern sie mindestens 55 Jahre alt sind, gibt es den sog. halben Steuersatz mit 16-25% und Gewerbesteuer fällt auch nicht an. Darüber hinaus gibt es noch einen Freibetrag, der allerdings bei höheren Gewinnen abschmilzt. Wenn wir im Folgenden von Begünstigung sprechen, meinen wir diese beiden Komponenten. Den halben Steuersatz gibt es aber nur einmal im Leben.

Wir haben beide Systeme verglichen und die steuerlichen Konsequenzen auch bei unterschiedlich hohem Veräußerungsgewinne durchgerechnet. Eine ausführliche Darstellung geht über einen Blogeintrag hinaus, deshalb hier nur eine Zusammenfassung:

  • Sollen sukzessiv Anteile verkaufen werden, ist die KapG am besten geeignet.
  • Wenn keine Begünstigung gegeben ist (noch nicht, oder nicht mehr), ist die KapG ebenfalls immer sehr viel besser geeignet als die PersG.
  • Bis zu einem Veräußerungsgewinn von bis zu rd. 250.000 Euro und der Begünstigung hat der Gesellschafter einer PersG die Nase vorn. Über diese Betragshöhe hinaus besteht kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen PersG und KapG. Aber Achtung: weil der Kaufpreis bei einem Share-Deal nicht abgeschrieben werden kann, zahlt der Käufer bei einem Share-Deal u.U. einen niedrigeren Kaufpreis.
 Strategie

Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, ob vor dem Verkauf die Rechtsform des Unternehmens geändert werden soll. Soll beispielsweise die GmbH in ein Einzelunternehmen umgewandelt werden?

Die Umwandlung einer GmbH in eine PersG selbst kann steuerneutral durchgeführt werden, wenn man alles richtig macht. Allerdings gibt es später ein Problem, wenn nach der Umwandlung innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren Anteile an der PersG verkauft werden sollen. Der Veräußerungsgewinn unterliegt dann neben der Einkommensteuer (ESt) immer auch der Gewerbesteuer (GewSt). Die GewSt ist dann leider nicht auf die ESt anrechenbar, muss also in voller Höhe zusätzlich gezahlt werden. Andererseits ist die GewSt als Veräußerungskosten von der Bemessungsgrundlage der ESt abziehbar. Das ist jedenfalls die Meinung des BFH, leider aber nicht die der Finanzämter. Die faktische GewSt-Belastung beträgt im Endergebnis bis zu rd. 9%-Punkte zusätzlich zur ESt. Man sollte also eine Umwandlung in eine PersG vor geplanten Verkäufen mit einem zeitlichen Vorlauf von 5 Jahren betreiben. Für kleine Unternehmen ohne größere Haftungsprobleme kann eine Umwandlung dann aber durchaus sinnvoll sein.

In der Praxis wird der umgekehrte Fall allerdings wesentlich häufiger vorkommen. Und zwar nach unserer Erfahrung dann, wenn noch ohne konkrete Veräußerungsabsicht von einer PersG in eine GmbH umgewandelt wurde und später verkauft werden soll. An die steuerlichen Auswirkungen auf einen späteren Verkauf hat bei der Umwandlung meist keiner gedacht.

Nach einer Umwandlung einer PersG in eine GmbH gibt es ebenfalls eine Sperrfrist zu beachten. Sie beträgt aber hier nicht 5 sondern 7 Jahre. Die Rechtsfolgen sind auch deutlich anders als die bei der Umwandlung GmbH in PersG. Es funktioniert so: Bei einem Verkauf innerhalb der Sperrfrist wird aus dem gesamten Veräußerungsgewinn zunächst der Teil herausgerechnet, der fiktiv auf den Zeitpunkt des Umwandlungsstichtag entfällt. Dieser Teil wird rückwirkend, also zinspflichtig, mit dem individuellen ESt-Satz laufend besteuert. Freibeträge etc. gibt es nicht. Allerdings vermindert sich dieser rückwirkend Teil mit jedem Jahr, das seit der Umwandlung vergangen ist, um 1/7tel. Mit zunehmendem Abstand vom Umwandlungsstichtag wird das Problem also immer geringer. Der Rest des Veräußerungsgewinns unterliegt der Abgeltungsteuer von 25%. Ein Bespiel soll das verdeutlichen:

Sachverhalt: Ein Einzelunternehmen wird am 1.1.2011 in eine GmbH umgewandelt. Die stillen Reserven betragen 700.000 €. Am 1.7.2013, also 2 ½ Jahre später, werden alle GmbH-Anteile verkauft. Die stillen Reserven betragen zu diesem Zeitpunkt 900.000 €.

Lösung: Von den 700.000 € müssen 5/7tel, also 500.000 €, rückwirkend versteuert werden. Die ESt beträgt 225.000 € (500.000 € x 45%). Dazu kommen noch Steuerzinsen von gut 10.000 €. Auf den Rest von 400.000 € muss 25% ESt, also 100.000 € abgeführt werden.

Wir haben die Ergebnisse der Steuerbelastung innerhalb der Sperrfrist durchgerechnet und in der nebenstehenden Tabelle wiedergegeben. Die %-Werte beziehen sich auf den Veräußerungsgewinn. Die Steuerzinsen haben wir berücksichtigt.

Die Steuerbelastung fällt von 45% im Jahr 1 nach der Umwandlung bis auf den Endwert von 25% im Jahr 8 nach der Umwandlung. Erst im Jahr 5 tritt eine merkliche Entspannung ein. Die Steuerbelastung beträgt dann etwa 38%. Wie ersichtlich ist, verläuft der Rückgang der Belastung progressiv.

Zusammenfassend kann man folgendes konstatieren:
  • Wer 48 Jahre alt oder jünger ist, erreicht die Begünstigung mit 55 sowieso nicht innerhalb der folgenden 7 Jahre. Er kann deshalb problemlos umwandeln.
  • Wer beabsichtigt, nicht das gesamte Unternehmen zu verkaufen, sondern (zunächst) nur Teile davon, kann ebenfalls problemlos umwandeln. Die Alternative beim Verkauf von Teilanteilen einer PersG wäre schlechter (s.o.).
  • Wer in naher Zukunft die Begünstigung erreichen kann und dann vollständig Kasse machen möchte, sollte die Finger von einer Umwandlung lassen.

Normen: § 20 Abs. 2 EStG § 32d EStG, § 3 Nr. 40 EStG, § 3c EStG, § 17 Abs. 3 EStG, § 34 Abs. 3 EStG, § 16 Abs. 4 EStG, § 18 Abs. 3 UmwStG, § 22 Abs. 1 UmwStG