Harald_Wieser_Portrait

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Harald Wieser

Donnerstag, 30. Dezember 2010

So werden Kapital- und Personengesellschaften besteuert

Kapitalgesellschaften

Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft erfolgt nach dem sog. Intransparenzprinzip. Die KapG ist aus Sicht der Besteuerung eines Gesellschafters „undurchsichtig“. Die KapG selbst ist das Besteuerungsobjekt. Besteuert wird in zwei Stufen: einmal bei der Gewinnentstehung auf Ebene der GmbH mit rd. 30%. Der verbleibende Restgewinn von 70% kann ausgeschüttet werden. Die zweite Stufe ist nun die Abgeltungsteuer von 25% auf diese Gewinnausschüttung. Bezogen auf den Gewinn beträgt die Abgeltungsteuer also 70% x 25% = 17,5%. Die gesamte Steuerbelastung beider Stufen zusammen beträgt deshalb 47,5%.


Die Besteuerung der zweiten Stufe kann man übrigens zwar nicht umgehen, aber zeitlich hinausschieben und zwar prinzipiell so lange wie man will.
Gehälter werden mit rd. 42% besteuert. Im Regelfall sind Gesellschafter auch als Geschäftsführer tätig. So kann die steuerliche Gesamtbelastung etwas gemindert werden kann.

Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) und Einzelunternehmen

Eine Aufspaltung in Gewinnentstehung und -verwendung erfolgt hier nicht. Die Gesellschaft ist transparent, also aus Besteuerungssicht „durchsichtig“. Nur der Gesellschafter zählt. Das gilt selbst teilweise für die Gewerbesteuer, die ja an den Betrieb gebunden ist. Der Gewinn wird in voller Höhe unabhängig von der Verwendung besteuert.

Auf den Gewinn wird direkt der Einkommensteuersatz angewendet, der für die Einkommenshöhe maßgeblich ist. Also zwischen 16% und 45%. Die Gewinnausschüttung ist dann nur noch eine besteuerungsneutrale Entnahme.

Es gibt allerdings die Möglichkeit, auch die PersG wie eine KapG zweistufig zu besteuern. Dieses System wird in der Praxis allerdings selten angewandt. Es gilt als zu komplex, ohne dass überzeugende Steuervorteile gegeben wären.

Die Gewerbesteuer ist wirtschaftlich gesehen eine Abschlagszahlung auf die Einkommensteuer. Ohne nicht abzugsfähige Komponenten wird sie je nach Höhe des Hebesatzes fast vollständig angerechnet. In Berlin beispielsweise bleibt als echte Mehrbelastung nur noch 1,4% des Gewinns übrig.

Ergebnis

Wegen der unterschiedlichen Besteuerungsstruktur ist der Anreiz hoch, das für Gestaltungen zu nutzen. Die Veräußerung eines gesamten Unternehmens beispielsweise wird bei KapG nur mit 25% des Veräußerungsgewinns der Anteile besteuert, während bei PersG ohne Berücksichtigung des sog. halben Steuersatzes über 45% anfallen können.

Die Steuergesetze sind deshalb von Missbrauchsklauseln durchzogen, die derartiges verhindern sollen. Allerdings sind es meist nur zeitliche Restriktionen, die nach gewissen Wartefristen doch erhebliche Steuervorteile ermöglichen.

Da sich das Steuerrecht häufig und auch tiefgreifend wandelt, sollten die unterschiedlichen Besteue-rungssysteme nicht maßgebend für eine Rechtsformwahl sein. Allerdings kann das zweistufige System besonders bei Umstrukturierungen und Unternehmensübertragungen von erheblicher Bedeutung sein. Ich komme im Januar auf dieses Thema zurück.

Montag, 29. November 2010

Unentdeckte Betriebsaufspaltungen

Es ist schon etwas überraschend, wie häufig ich mit Problemen bei Betriebsaufspaltungen konfrontiert werde. Am vergangenen Freitag kommt ein neuer Mandant und schildert mir fast nebenbei dieses: Er sei Mitgesellschafter einer GmbH. Die GmbH habe vor einigen Jahren Anlagevermögen an die Gesellschafter verkauft, die dieses Anlagevermögen an die GmbH zurückvermietet hätten. Dazu habe man eine GbR gegründet. Zwei Jahre später sei das Anlagevermögen wieder an die GmbH zurückverkauft und die GbR aufgelöst worden. Auf den ersten Blick kommt dieser Fall recht unauffällig daher, so dass man nicht gleich bemerkt, welche Risiken hier bestehen.

Eine Betriebsaufspaltung ist ein rein steuerliches Konstrukt (1). Es wird gewissermaßen eine Beteiligungskette konstruiert. Wenn wesentliche Wirtschaftsgüter (z.B. Grundstücke, Patente, Maschinen etc.), die einem oder mehreren Gesellschaftern gehören, von der eigenen GmbH genutzt werden, wird steuerlich ein Gewerbebetrieb fingiert. Ohne weiter darauf einzugehen, möchte ich darauf hinweisen, dass als Voraussetzung die sog. sachliche und personelle Verflechtung gegeben sein müssen. Zu diesem Gewerbebetrieb gehören nicht nur diese Wirtschaftsgüter, sondern auch die Beteiligung des Gesellschafters an seiner GmbH. Die Nutzung durch die GmbH kann entgeltlich, also durch Miet-/Pachtvertrag, oder unentgeltlich erfolgen. Die Beteiligungskette sieht nun so aus: Gesellschafter – Gewerbebetrieb als „Tochter“ (Besitzgesellschaft) – GmbH als „Enkelin“ (Betriebsgesellschaft). Wohlgemerkt, diese Beteiligungskette ist nicht gesellschafts-, sondern rein steuerrechtlicher Art.

Wenn diese Beteiligungskette unterbrochen wird, müssen auf einen Schlag sämtliche stillen Reserven auf allen Ebenen versteuert werden. Das Finanzamt tut dann so, als ob ein Verkauf der GmbH-Beteiligung und aller übrigen Wirtschaftsgüter vorläge. Dieses Ergebnis ist natürlich für alle Beteiligten ein Fiasko, vermutlich auch für den Steuerberater. Und es gibt viele Möglichkeiten, wie die Betriebsaufspaltung enden kann. Die Besitzgesellschaft wird aufgelöst, die wesentlichen Wirtschaftsgüter werden verkauft oder anderweitig vermietet, Erbfälle treten auf etc.pp. Wie man sieht, kann die Betriebsaufspaltung auch unabsichtlich aufgelöst werden. Es ist eben keine stabile gesellschaftsrechtliche Verbindung, sondern nur eine rein steuerliche Konstruktion. Besonders problematisch sind natürlich die unentdeckten Betriebsaufspaltungen bzw. solche, die erst von der Betriebsprüfung aufgedeckt werden. Dann ist es wie bei der Nebelbank auf der Autobahn. Sieht man das Stauende, ist es zu spät.

Zu dem Eingangsfall könnte man nun denken, wegen des kurze Bestehens der Betriebsaufspaltung sollte die Kumulation der stillen Reserven nicht so hoch gewesen sein. Das ist aber leider am Gesetz vorbei vermutet. Zu Beginn der Betriebsaufspaltung wandern die GmbH-Anteile zu den ursprünglichen Anschaffungskosten der Gesellschafter in das Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft (2), also z.B. für 25.000 Euro. Wenn die Betriebsaufspaltung endet – und sei es auch nur eine Sekunde später – werden die GmbH-Anteile aber zum Verkehrswert entnommen (3).

Nun stellt sich natürlich die Frage, was man dagegen tun kann. In erster Linie sollte man natürlich die Betriebsaufspaltung vermeiden. Das heißt Augen auf bei der Überlassung von eigenen Wirtschaftsgütern an die GmbH. Mit eigenen sind übrigens auch die Wirtschaftsgüter gemeint, die nur im Besitz stehen, wie z.B. gemietete Lagerplätze. Wenn eine Betriebsaufspaltung bereits besteht, sollte man zivilrechtliche Vorkehrungen treffen, um eine unbeabsichtigte Auflösung zu verhindern. Am unspektakulärsten ist schließlich die Betriebsaufspaltung, die noch niemand entdeckt hat. Hier gilt es die Betriebsprüfung möglichst zu vermeiden und weiter ruhig zu schlafen.


(1) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG (2) § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b EStG (3) § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG

Mittwoch, 10. November 2010

Wieder Uneinigkeit im BFH

Zur Übertragung von Wirtschaftsgütern

Ein häufiges Problem bei Unternehmenstransaktionen ergibt sich dann, wenn nicht alle Wirtschaftsgüter mit übertragen werden sollen. Beispielsweise hat ein potenzieller Unternehmenskäufer nur Interesse am eigentlichen Business und will oder kann z.B. ein Betriebsgrundstück nicht übernehmen. Derartige Restriktionen ergeben sich aber nicht nur bei Unternehmensverkäufen. Sie können auch bei Umwandlungen, bei Schenkungen innerhalb der Familie von Eltern an Kinder oder bei sonstigen Transaktionen vorkommen.
 
Nun ist es nicht leider so einfach möglich, die betreffenden Wirtschaftsgüter aus dem Unternehmen steuerfrei heraus zu transferieren. Es droht die Besteuerung der stillen Reserven, ohne dass ein Geldzufluss vorhanden wäre, aus dem die Steuer dann gezahlt werden könnte.
 
Während eine Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern aus einer Kapitalgesellschaft heraus auf Dritte nur mit einer Ausnahme zur Gewinnbesteuerung führt, sieht das bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften glücklicherweise anders aus.
 
Eine steuerneutrale Übertragung in das Privatvermögen des Unternehmens oder Gesellschafters ist zwar auch bei Personengesellschaften (PersG) nicht möglich, aber immerhin ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten aus § 6 Abs. 5 EStG. Danach können einzelne Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen übertragen werden. Die Steuerverstrickung bleibt aber natürlich erhalten.
 
Die Vorschrift ist in den Details zwar äußerst vielschichtig, aber bis auf eine Frage scheint alles im Wesentlichen geklärt zu sein. Diese eine Frage hat es allerdings in sich. Es geht darum, ob ein Wirtschaftsgut auf eine parallele Gesellschaft, also auf eine personenidentische Schwestergesellschaft übertragen werden darf.
 
Der genannte Paragraf zählt die Fälle der steuerneutralen Übertragung einzeln auf. Die steuerneutrale Übertragung auf eine Schwestergesellschaft ist leider nicht mit aufgezählt. Damit würde man eigentlich zu der Schlussfolgerung kommen, dass solch eine Übertragung Steuern auslösen muss. Ganz in diesem Sinn hat auch der BFH mit Urteil vom 25.11.2009 - I R 72/08 entschieden. Der dort geschilderte Fall ist extrem komplex und ich rate eher ab, sich dort einzulesen. Die klagenden Gesellschafter hatten vor einem Unternehmensverkauf eine Unternehmensgruppe in mehreren Schritten umstrukturiert. Kurz vor dem Verkauf einer PersG waren Grundstücke auf eine Schwester-PersG übertragen worden. Das FA wollte natürlich besteuern.
 
Man weiß leider nichts über die Hintergründe des Falls. Hatten die Gesellschafter in Zeitnot gehandelt? Oder hatten die Berater geschlampt? Bei sorgsamer und vorausschauender Vorgehensweise hätte man die Grundstücke mit einer adäquaten Gestaltung problemlos heraus transferieren können. Hier aber war der zeitliche Abstand mit zwei Monaten so kurz, dass auch noch die Frage der Gesamtplanrechtsprechung relevant wurde.
 
Ohne auf den letzteren Aspekt eingehen zu wollen, hat der 1. Senat des BFH den Fall im Sinne des FA durchgewinkt. Nun aber kommt der 4. Senat des BFH ins Spiel. Mit Beschluss vom 15.4.2010 - IV B 105/09 kam er genau zum gegenteiligen Ergebnis. Er meint, dass die PersG Steuerrechtssubjekt für die Art der Einkünfte (z.B. aus Gewerbebetrieb) und deren Zurechnung sei. Das Objekt der Besteuerung seien aber die Gesellschafter selbst und nicht die Gesellschaft. Es sei also immer das so genannte Transparenzprinzip anzuwenden.
 
Für die Steuerrechtslaien: Das Transparenzprinzip besagt, dass eine PersG steuerlich transparent, also "durchsichtig" ist und die Einkünfte dem Gesellschafter direkt und unmittelbar zugerechnet werden. Damit läge also nur eine nicht zu versteuernde Überführung und keine Übertragung vor. Diese Bewertung des 4. Senats ist meiner Meinung nach absolut überzeugend.
 

Das Spiel um die richtige Auslegung des Steuerrechts ist damit wieder völlig offen. Eine Klarstellung ist nun aber absehbar. Der Beschluss des 4. Senats war nämlich nur ein Aussetzungsbeschluss. Das eigentliche Verfahren steht noch an. Wenn der 4. Senat in diesem Verfahren bei seiner Meinung bleiben will, wird er den Großen Senat anrufen müssen, der das Schlusswort haben wird.