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Harald Wieser

Dienstag, 30. August 2011

Bitte mal etwas weglassen

Zum Eigenkapital von GmbH bei Ausgliederungen


In den Mustervorlagen der Ausgliederungspläne wird häufig die folgende Formulierung verwendet: „Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000,00 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro). […] Der das Stammkapital übersteigende Mehrbetrag wird als sonstige Rücklage gebucht.“

Mit dem Mehrkapital ist das Eigenkapital des bisherigen Einzelunternehmens oder der Personengesellschaft gemeint, soweit es das Stammkapital übersteigt. Es wird nach der vertraglichen Anweisung als Aufgeld in die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 HGB gestellt.

Ein Ausweis als Eigenkapital liegt ja auch nah. Ein hohes Eigenkapital stellt das Unternehmen tendenziell auf solide Beine. Verluste führen nicht so schnell zu einer Überschuldung und auch die Banken sehen ein hohes Eigenkapital immer gern.

Aber stimmt das wirklich? Ist ein hohes Eigenkapital hinsichtlich der Bonitätsbewertung und damit als Auswirkung auf die Fremdkapitalkosten per se positiv und vor allem, welche Alternativen gibt es überhaupt?

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Als Gegenleistung für die Übertragung des Unternehmens sind nicht nur Anteile und damit verbunden Aufgelde, sondern auch eine direkte Vergütung denkbar. Das Mehrkapital könnte deshalb auch auf einem Darlehenskonto zugunsten des einbringenden Gesellschafters gutgeschrieben werden.

Das Darlehen hat gegenüber der Kapitalrücklage den Vorteil für den Gesellschafter der jederzeitigen und unmittelbaren Zugriffsmöglichkeit. Sofern keine insolvenzrechtlichen oder vertraglichen Hindernisse entgegenstehen, kann er sich das Darlehen jederzeit auszahlen lassen. Gesellschafterdarlehen sind wegen § 39 InsO im Insolvenzfall sowieso stets nachrangig. Da tut es keinen Abbruch, wenn die Parteien in den Vertrag eine Krisenklausel aufnehmen, damit der Gesellschafter im Fall der Fälle das Darlehen auf jeden Fall steuerlich als Veräußerungsverlust geltend machen kann.

Im Hinblick auf das Rating ist wird ein Gesellschafterdarlehen als Fremdkapital gewertet. Das gilt selbst bei einem Rangrücktritt. Sind Finanzierungskosten oder gar Kapitalbeschaffung für das Unternehmen von großer Bedeutung, muss vor der Umwandlung mit der Bank gesprochen werden. Kluge Unternehmer tun dies sowieso einmal im Jahr nach der Aufstellung des Jahresabschlusses.

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Eine zentrale Frage ist natürlich, ob im Hinblick auf die Steuerneutralität der Einbringung selbst ein Darlehen als Gegenleistung unproblematisch ist. Keinesfalls dürfen beim Einbringungs- vorgang ungewollt stille Reserven aufgedeckt werden. § 20 Abs. 1 UmwStG als maßgebliche Rechtsgrundlage stellt die steuerneutrale Einbringung in Aussicht, sofern „neue Anteile“ gewährt werden.Nach einhelliger Meinung sind Darlehen als Gegenleistung unschädlich. Es muss nur das Mindestkapital als Gegenleistung gewährt werden. Bei einer Kapitalerhöhung beispielsweise also nur 1 Euro oder im Gründungsfall mindestens 25.000 Euro. Der überschießende Rest muss nicht in die Kapitalrücklage eingestellt werden, sondern kann problemlos direkt ausgezahlt oder als Darlehen gewährt werden.

Nun gibt es aber ein gewichtiges steuerliches Argument gegen die Kapitalrücklage. Ein Problem ist nämlich die Verwendungsreihenfolge aus § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG, ein für Steuerlaien ein fast nicht zu verstehende Norm. Deshalb muss ich erst ein wenig ausholen.

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften muss der Unternehmer den Gewinn unmittelbar versteuern, unabhängig davon, ob er ihn entnimmt oder stehen lässt. Bei der GmbH ist das anders. Zunächst erfolgt eine moderate Besteuerung des Gewinns auf der Ebene der Gesellschaft.Eine weitere Besteuerungsstufe ergibt sich, wenn Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Das ist übrigens auch der Grund, warum sich viele Gesellschafter mit Gewinnausschüttungen eher schwer tun. Gesell­schafter­einlagen aus dem unternehmens- externen Bereich resultieren aus dem bereits versteuerten Einkommen und müssen bei einer späteren Rückzahlung natürlich nicht erneut versteuert werden. Die Kapitalrückzahlungen teilen also nicht das Schicksal der Gewinn­besteuerung.

Grundsätzlich hat der Gesellschafter einen freien Zugriff auf das der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Eigenkapital, sofern er nicht die gesetzlichen Sicherungsvorschriften zur Kapitalerhaltung verletzt. Er kann sich also nach relativ freiem Ermessen die Gewinn- oder die Kapitalrücklagen auszahlen lassen.

Kommen wir nun zum Körperschaftsteuergesetz zurück und übersetzen die Rechtsnorm in verständliches Deutsch. Der Gesetzgeber ordnet für die Auszahlung des Eigenkapitals eine bestimmte Reihenfolge an. Danach kann die Gesellschaft im Gegensatz zum Handelsrecht mit steuerlicher Wirkung nicht frei über die Auszahlungsreihenfolge bestimmen. Sofern Gewinnrücklagen vorhanden sind, gilt bei einer Auszahlung von Eigenkapital – egal welchem –   immer zunächst dieses als verwendet. Also auch dann, wenn in dem Ausschüttungsbeschluss die steuerfreie Rückzahlung von Kapitalrücklagen vereinbart wurde. Bevor also die Kapitalrücklagen zurückgezahlt werden können, müssen zuerst sämtliche Gewinnrücklagen versteuert werden. In dem Moment also, zu dem der Gesellschafter das Unternehmen in die GmbH eingebracht hat, sitzt er in der Falle. Ein direkter Zugriff auf seine bereits versteuerten Einlagen ist nicht mehr möglich.

Bei der Ausgliederung sollte deshalb die Art der Gegenleistung für das übertragene Vermögen gut überlegt sein. Eine Festlegung im Ausgliederungsplan ist übrigens nicht erforderlich. Einzig das Stammkapital muss natürlich beziffert sein. Der Notar muss in die Urkunde nichts zum Mehrbetrag sagen. Deshalb meine Bitte: Schreiben Sie einfach nichts dazu! Spätestens bei der Aufstellung der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz, z.B. bei der  Abgabe der steuerlichen Anmeldung, ist dann Farbe zu bekennen.

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Im Blog-Beitrag vom September werde ich mich mit dem optimalen Umwandlungsstichtag beschäftigen.