Harald_Wieser_Portrait

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Harald Wieser

Montag, 29. November 2010

Unentdeckte Betriebsaufspaltungen

Es ist schon etwas überraschend, wie häufig ich mit Problemen bei Betriebsaufspaltungen konfrontiert werde. Am vergangenen Freitag kommt ein neuer Mandant und schildert mir fast nebenbei dieses: Er sei Mitgesellschafter einer GmbH. Die GmbH habe vor einigen Jahren Anlagevermögen an die Gesellschafter verkauft, die dieses Anlagevermögen an die GmbH zurückvermietet hätten. Dazu habe man eine GbR gegründet. Zwei Jahre später sei das Anlagevermögen wieder an die GmbH zurückverkauft und die GbR aufgelöst worden. Auf den ersten Blick kommt dieser Fall recht unauffällig daher, so dass man nicht gleich bemerkt, welche Risiken hier bestehen.

Eine Betriebsaufspaltung ist ein rein steuerliches Konstrukt (1). Es wird gewissermaßen eine Beteiligungskette konstruiert. Wenn wesentliche Wirtschaftsgüter (z.B. Grundstücke, Patente, Maschinen etc.), die einem oder mehreren Gesellschaftern gehören, von der eigenen GmbH genutzt werden, wird steuerlich ein Gewerbebetrieb fingiert. Ohne weiter darauf einzugehen, möchte ich darauf hinweisen, dass als Voraussetzung die sog. sachliche und personelle Verflechtung gegeben sein müssen. Zu diesem Gewerbebetrieb gehören nicht nur diese Wirtschaftsgüter, sondern auch die Beteiligung des Gesellschafters an seiner GmbH. Die Nutzung durch die GmbH kann entgeltlich, also durch Miet-/Pachtvertrag, oder unentgeltlich erfolgen. Die Beteiligungskette sieht nun so aus: Gesellschafter – Gewerbebetrieb als „Tochter“ (Besitzgesellschaft) – GmbH als „Enkelin“ (Betriebsgesellschaft). Wohlgemerkt, diese Beteiligungskette ist nicht gesellschafts-, sondern rein steuerrechtlicher Art.

Wenn diese Beteiligungskette unterbrochen wird, müssen auf einen Schlag sämtliche stillen Reserven auf allen Ebenen versteuert werden. Das Finanzamt tut dann so, als ob ein Verkauf der GmbH-Beteiligung und aller übrigen Wirtschaftsgüter vorläge. Dieses Ergebnis ist natürlich für alle Beteiligten ein Fiasko, vermutlich auch für den Steuerberater. Und es gibt viele Möglichkeiten, wie die Betriebsaufspaltung enden kann. Die Besitzgesellschaft wird aufgelöst, die wesentlichen Wirtschaftsgüter werden verkauft oder anderweitig vermietet, Erbfälle treten auf etc.pp. Wie man sieht, kann die Betriebsaufspaltung auch unabsichtlich aufgelöst werden. Es ist eben keine stabile gesellschaftsrechtliche Verbindung, sondern nur eine rein steuerliche Konstruktion. Besonders problematisch sind natürlich die unentdeckten Betriebsaufspaltungen bzw. solche, die erst von der Betriebsprüfung aufgedeckt werden. Dann ist es wie bei der Nebelbank auf der Autobahn. Sieht man das Stauende, ist es zu spät.

Zu dem Eingangsfall könnte man nun denken, wegen des kurze Bestehens der Betriebsaufspaltung sollte die Kumulation der stillen Reserven nicht so hoch gewesen sein. Das ist aber leider am Gesetz vorbei vermutet. Zu Beginn der Betriebsaufspaltung wandern die GmbH-Anteile zu den ursprünglichen Anschaffungskosten der Gesellschafter in das Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft (2), also z.B. für 25.000 Euro. Wenn die Betriebsaufspaltung endet – und sei es auch nur eine Sekunde später – werden die GmbH-Anteile aber zum Verkehrswert entnommen (3).

Nun stellt sich natürlich die Frage, was man dagegen tun kann. In erster Linie sollte man natürlich die Betriebsaufspaltung vermeiden. Das heißt Augen auf bei der Überlassung von eigenen Wirtschaftsgütern an die GmbH. Mit eigenen sind übrigens auch die Wirtschaftsgüter gemeint, die nur im Besitz stehen, wie z.B. gemietete Lagerplätze. Wenn eine Betriebsaufspaltung bereits besteht, sollte man zivilrechtliche Vorkehrungen treffen, um eine unbeabsichtigte Auflösung zu verhindern. Am unspektakulärsten ist schließlich die Betriebsaufspaltung, die noch niemand entdeckt hat. Hier gilt es die Betriebsprüfung möglichst zu vermeiden und weiter ruhig zu schlafen.


(1) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG (2) § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b EStG (3) § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG

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